Sonntag, 30. Dezember 2007

Der Schwur zur Freiheit

Inhalt: Spiegelberg ist auf dem Weg zurück zum Räuberstützpunkt. Er bringt neue Rekruten mit und prahlt mit seinen Missetaten. Als er im Lager ankommt erfährt er, dass der Räuber Moor während seiner Abwesenheit Roller vom Galgen gerettet hat, indem er eine ganze Stadt vernichtete. Kurz darauf erreicht die Truppe die Meldung, dass der Wald von 1700 böhmischen Soldaten umstellt ist. Ein Pater kreuzt auf, um mit den Räubern zu verhandeln. Diese, maßgeblich beeinflusst durch Karl, schlagen jedoch jegliches Angebot in den Wind und erneuern und bekräftigen stattdessen ihren Schwur, für den Hauptmann zu sterben.

Spiegelberg zeigt im ersten Teil (Gespräch mit Ratzmann) offen seine Gesinnung. Wie Franz ist er äußerst berechnend und bildet sich viel auf sein "Köpfchen" ein. Er lockt seine Rekruten förmlich wie in eine Falle, anstatt sie wie der Hauptmann mit seinem Enthusiasmus anzustecken. Er ist eitel, denn er freut sich über jeden Artikel, in dem er beschrieben wird. Die Sturm und Drang Gesinnung, die er sich in der zweiten Szene des ersten Aktes noch mit Karl teilte, schwächt sich hier zugunsten der Eigenschaften, die ihn mit Franz verbinden ab. Die Ideale des Hauptmanns, die Karl auszeichnen, tut er als "seine Grillen" - seine Macken - ab.

Kann mir jemand sagen, wen er mit dem Holzapfel bezeichnen will, der selbst im Paradies (gemeint ist, vermute ich, Italien) nicht zur Ananas wird?

Der zweite Teil (Schilderung der Befreiung Rollers) befremdete anfänglich etwas. Eine ganze Stadt in Schutt und Asche legen, über achtzig Personen umzubringen, nur um an einen Kameraden zu gelangen schien mir unter dem Gesichtspunkt der Moral äußerst fragwürdig. Zu der Reaktion Karls habe ich mich schon in einer Antwort auf Ilans Post bezüglich der dritten Szene des zweiten Aktes ausgelassen. Das Motiv des Männerbundes wird hier zum ersten Mal deutlich herausgehoben.

Karls Reaktion auf den Pater ist äußerst geschickt. Er wartet ab, bis der Pater sein verbales Pulver verschossen hat, nimmt ihm durch seine passive Haltung den Wind aus den Segeln. Umso gewaltiger und vernichtender fällt dann seine Wortmeldung aus. Zuerst stellt er die Legitimation der christlichen (ich vermute, besonders der katholischen) Kirche in Frage, indem aufzeigt wie sehr sie sich sonnt in der, dem Bewusstsein der Bevölkerung hineingerammten, den Leuten aufoktroyierten und ewig gepredigten, unantastbaren Stellvertreterstelle Gottes und wie sehr sie dabei selbst den Gedanken Gottes, der Religion, die Moral vergessen hat. Nur einen Nebensatz ist ihm hingegen die weltliche Gerichtsbarkeit wert. "Geh hin, und sage dem hochlöblichen Gericht, das über Leben und Tod würfelt [...]" Sich selbst stilisiert er danach zu einem stolzen "Großen", der die Ungerechten bestraft (Hier ließ sich Schiller aller Wahrscheinlichkeit nach von der Schilderung des Robin Hood inspirieren.) Er sieht sich mit der Last seiner Schandtaten, die er "ohne Zweifel einmal im Schuldbuch des Himmels lesen" wird, noch immer über den erbärmlichen Verwesern, all den bigotten Wesen auf Erden.
Ich denke, nur so lässt sich die Reaktion der übrigen Räuber verstehen, die das Angebot des Paters auf Amnestie abschlagen. Denn die Fortsetzung der Rede des Hauptmanns, in dem er sich als den Helden und den Rest der Räuber als arme Teufel hinstellt, wäre an sich viel zu gewagt. Dieser Geniestreich, mit dem Karl seine Mannen an sich bindet, scheint mir nicht mehr rein berechnend, sondern vielmehr intuitiv, aus der verzweifelten Lage und seinem Vertrauen in die Menschlichkeit heraus geboren.


Aufmerksam machen möchte ich auf die Wandlung des Freiheitsbegriffs, wenn der Hauptmann ruft: "Itzt sind wir frei - Kameraden!"
Die Frage, die sich mir stellte, war, ob sie denn vorher noch nicht frei waren, obwohl sie doch schon ganz zu Anfang ihre Freiheit durch die Gründung der Räuberbande zu erlangen suchten.
Während sie sich am Anfang mehr von ihrer misslichen Lage lossagten, als sie Freiheit verlangten (abgrenzende Freiheit), halte ich nun ihr Votum für den Hauptmann für einen ganz neuen Freiheitsbegriff. Sie bestätigen die Ideale Karls und geben damit ihrer Freiheit Struktur.

Haltet Ihr das für schlüssig? Comments erwünscht :-)

1 Kommentar:

Jo hat gesagt…

ich bin grade mehr zufällig bei der Recherche über John Rawles Gerechtigkeitsbegriff über Isaiah Berlins (ebenfalls ein politischer Philosoph) Einteilung des Freiheitbegriffs in einen positiven und negativen gestolpert. Das passt natürlich besser, als meine abgrenzende Freiheit. Hier der Link, für die Leuts dies interessiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Isaiah_Berlin